Eigentlich dachte ich, dass ich mit dem Thema Kassetten abgeschlossen habe. Aber als ich dann den Sony WM-D6C im Elektroschrott liegen sah, konnte ich nicht widerstehen. Dieser Walkman wurde von 1985 – 2001 gebaut. Er gehört zur Professional Serie, ist unheimlich hochwertig gebaut und gilt als der am besten klingende Walkman.
Wenn man sich an eine Reparatur wagt, sollte man bedenken, dass die Teile hier sehr filigran sind. Sie gehen sehr schnell verloren und Ersatz zu beschaffen ist oft schwierig. Ich habe immer eine Lupe verwendet und bin sehr behutsam vorgegangen.
Das Service Manual gibt es hier.
Inhaltsverzeichnis
Bestandsaufnahme Sony WM-D6C
Äußerlich sieht der WM-D6C noch ziemlich gut aus. Es gibt keine Beulen oder tiefen Kratzer.
Der Walkman hat aber ein paar Probleme, die nach dieser Zeit typisch sind:
- Die Batterien wurden im Gerät vergessen und sind ausgelaufen.
- Vor- und Zurückspulen funktioniert nicht.
- Die Endabschaltung bei Play funktioniert nur sehr zögerlich bis gar nicht mehr.
- Die Pausetaste lässt sich erst nach mehreren Versuchen ausrasten.
- Bei Line-Out kommt fast kein Signal raus.
Batteriefach reinigen
Dieses Problem hatte wahrscheinlich schon jeder ein mal. Ein Gerät wird lange nicht verwendet und die Batterien wurden nicht entnommen. Irgendwann werden diese dann undicht und laufen aus.
Am besten trägt man bei dieser Arbeit Gummihandschuhe. Das ausgelaufene Zeug ist zwar nicht stark ätzend, aber es kann ganz schön brennen, wenn man kleine Verletzungen an den Fingern hat.
Nachdem die Batterien entnommen wurden, muss man dieses weiße Zeug komplett entfernen. Hierfür eignet sich eine alte Zahnbürste. Durch die ausgelaufene Lauge hat sich auf den Laschen und Federn oft Rost gebildet. Diesen kann man mit einer kleinen Drahtbürste oder feinem Schleifpapier entfernen. Auch Isopropanol wirkt hier manchmal Wunder.
Man sollte auch einen Blick ins Innere des Geräts werfen. Manchmal läuft die Lauge sehr weit hinein und kann Leiterbahnen auf der Platine beschädigen. Bei meinem Exemplar gibt es Entwarnung.
FF / REW Spulen funktioniert nicht beim WM-D6C
Mein Walkman wollte nicht spulen. Auch ohne Kassette bewegten sich die Wickel nicht. Dies ist ein typisches Problem beim Sony WM-D6C. Bei STEREO2GO und Old Fidelity gibt es dazu ein paar Hinweise. Ursache ist ein Hebel, der sich durch verharztes Fett nicht mehr bewegen will. Um das Problem zu lösen, muss ziemlich viel auseinander gebaut werden.
Walkman auseinanderbauen
Eine Schraube, die in jedem Fall raus muss, sitzt im Kassettenfach. Es ist sinnvoll, sie als erstes zu entfernen. Dadurch vermeidet man später unnötiges Hin- und Herdrehen mit heraushängenden Organen.
Um dorthin zu gelangen, muss die Abdeckung im Kassettenfach raus. Sie ist mit 4 Schrauben befestigt. Auf den Wickeln sitzen zwei dünne Scheiben. Diese darf man nicht verlieren.
Die markierte Schraube muss raus. Sie hält die Getriebeplatte. Das Kassettenfach kann jetzt wieder geschlossen werden und der WM-D6C wird auf den Bauch gedreht. Der Rückdeckel ist mit vier Schrauben befestigt, die müssen raus.
Das Mainboard wird durch vier Schrauben gehalten. Manche befinden sich unter dem schwarzen Klebeband. Die Platine kann dann zu einer Seite weggeklappt werden. Hier muss man sehr behutsam vorgehen. Schnell ist einer der dünnen Drähte abgerissen.
Um an die Getriebeplatte zu gelangen, auf der der verklebte Hebel sitzt, müssen zuerst einige Dinge demontiert werden. Das sind:
- A: Der Motor wird durch zwei Schrauben gehalten. Die Befestigung steht wegen einer Feder unter Spannung. Deshalb muss man aufpassen, dass keine Schraube wegfliegt.
- B: Die Schwungscheibe kann nach lösen von zwei Schrauben und Demontage des Bügels abgezogen werden. An der rechten Seite des Bügels ist noch eine Feder befestigt.
- C: Das „Auto Off Board“ wird mit einer Schraube gehalten. Diese befindet sich unter dem schwarzen Klebeband.
- D: Der Bügel über der Riemenscheibe wird mit einer Sicherungsscheibe gehalten. Diese ist sehr klein und geht schnell verloren.
Jetzt kann der Riemen und die Schwungscheibe ausgebaut werden. Unter der Scheibe kommen noch zwei Unterlegscheiben zum Vorschein.
Die roten Kreise zeigen die Schrauben der Getriebeplatte. Sie hängt noch an einigen Stellen fest:
- 1: Die Feder muss ausgehängt werden.
- 4: Der Riemen des Zählwerks muss von der Welle genommen werden.
- 5: Das Gestänge muss ausgehängt werden.
Hebel reinigen
Hier sieht man die ausgebaute Getriebeplatte mit dem Hebel. Ich hab da schon das Zahnrad und das Reibrad demontiert. Beides wird durch Sicherungsringe gehalten. Es gibt auch diverse Unterlegscheiben. Man sollte sich gut merken, wo alles hingehört. Bei Unklarheiten hilft ein Blick ins Service Manual.
Der Hebel saß bei mir bombenfest. Die Teile sind so filigran, dass man hier mit Gewalt sehr viel kaputt machen kann. Also ist Vorsicht angesagt. Mit Isopropanol konnte ich die Verklebung nicht lösen. Schlussendlich habe ich die Hülse vom Hebel mit einem Lötkolben erwärmt. Dadurch konnte ich ihn abziehen.
Als nächstes muss das alte Fett weg. Das geht mit Isopropanol und einem Wattestäbchen. Die Hülse sollte man auch gut von innen reinigen.
Anschließend wird die Mechanik neu mit Siliconfett geschmiert und auf Leichtgängigkeit geprüft.
Der Einbau der Getriebeplatte ist etwas tricky. Ich habe es erst falsch gemacht und dann hat das Zurückspulen nicht richtig funktioniert. Eine Nachfrage im Old Fidelity Forum brachte dann den richtigen Hinweis (Nummerierung siehe Bild „Demontage der Getriebeplatte“):
- 1: Feder wieder einhängen.
- 2: Hier versteckt sich auch eine kleine Feder. Diese muss hinter das Blech geschoben werden.
- 3: Die Stellung dieses kleinen Metallhebels ist wichtig fürs Zurückspulen. Er muss in die kleine Kunsttstofflasche.
- 4: Der Riemen des Zählwerks wird wieder aufgelegt
- 5: Das Gestänge wird wieder eingehängt
Der restliche Zusammenbau geschieht in umgekehrter Reihenfolge.
Sony WM-D6C Endabschaltung funktioniert nicht zuverlässig
Die Ursache hierfür liegt an einem ausgeleierten Riemen. Gummi altert und verliert über die Jahre an Flexibilität. Ich habe bei Ebay einfach einen neuen Riemen gekauft und den Alten im Zuge der Restaurierung ersetzt.
Klemmende Pause Taste
Die Pausetaste war sehr hakelig. Sie reagierte oft erst nach mehrmaliger Betätigung.
Ursache hierfür ist altes Fett in der Mechanik. Ich habe das Fett mit einem Wattestäbchen entfernt und die Mechanik neu geölt. Danach funktioniert die Taste wieder zuverlässig.
Line Out ist sehr leise
Wenn man den Sony WM-D6C mit der Stereoanlage verbunden hat, war das Signal sehr leise und verzerrt.
Beim Öffnen fiel mir gleich die verkohlte Spule L301 auf. Hier ist ein etwas zu hoher Strom geflossen. Dies kann passieren, wenn das Massepotential auf Line In und Line Out unterschiedlich ist.
Conrad hat passenden Ersatz im Angebot. Damit funktioniert der Ausgang wieder.
Schutzdiode einbauen
Viele Sony WM-D6C laufen zu schnell, weil ein Netzteil mit falscher Polarität angeschlossen wurde. Grund ist hier meist, dass der IC601 (CX20084), der Q601 (2SB1013) oder beide durchgebrannt sind. Der Austausch des CX20084 ist schwierig und Ersatz ist teuer.
Um den Walkman vor Verpolung zu schützen, gibt es zwei Möglichkeiten. Man kann eine Diode in Reihe oder parallel zur Stromversorgung einbauen.
Bei der Reihenschaltung wird die Stromzufuhr unterbrochen, wenn das Netzteil verkehrt herum angeschlossen wird. Der Einbau erfordert aber ein Unterbrechen von Leiterbahnen auf der Platine und die Versorgungsspannung wird um die Durchbruchsspannung der Diode reduziert.
Die Parallelschaltung schließt das Netzteil quasi kurz, wenn es verpolt angeschlossen wird. Im schlimmsten Fall kann das Netzteil zerstört werden. Eine Änderung des Platinenlayouts ist hierzu nicht notwendig. Auch gibt es keine Reduzierung der Versorgungsspannung, wenn das Netzteil richtig angeschlossen wird.
Ich habe mich für die Parallelschaltung entschieden. Sie wird bei tapeheads.net beschrieben. Im Schaltplan habe ich eine Stelle gefunden, wo der Einbau ideal ist. Auf dem Bild oben kann man das ganz gut erkennen. Als Diode habe ich die 1N4004 verwendet. Sie verträgt maximal 1A. Wenn das Netzteil mehr Strom liefern kann, sollte man hier eine größere Diode verwenden.
Abschließende Arbeiten
Vor dem Festschrauben der Platine müssen alle Schieber an der richtigen Stelle sein, damit sie später funktionieren.
Das Gehäuse wird noch vorsichtig mit Glasreiniger sauber gemacht. Der Tonkopf und der Bandantrieb (Welle und Gummirad) werden mit Isopropanol gereinigt.
Fazit Sony WM-D6C
Der Sony WM-D6C ist ein beeindruckendes Stück Technik. Er ist unheimlich hochwertig aufgebaut und bietet Dolby B und C. Außerdem kann er mit allen möglichen Band-Sorten umgehen, sogar mit Metallbändern. Das Laufwerk ist quarzgeregelt und lässt sich so leicht nicht aus der Ruhe bringen. Außerdem kann man mit dem Walkman aufnehmen und er lässt sich sogar aussteuern.
Das alles hat seinen Preis. Der Sony WM-D6C ist mit selbst gewogenen 660g kein Leichtgewicht. Und seine Abmessungen sind auch nicht gerade klein. Auf dem Bild sieht man den Größenunterschied zu dem sehr kleinen Aiwa PX557. Gebraucht ist er alles andere als ein Schnäppchen.
Nach der Reparatur funktioniert der Walkman wieder. Alle oben beschriebenen Probleme sind beseitigt und es sind keine neuen hinzugekommen. Der Sony Walkman wird in Zukunft als Zuspieler für meinen Marantz 4300 herhalten.
Die Reparatur hat mich stellenweise an meine Grenzen gebracht, da ich oft nicht wusste, wie ich etwas demontieren kann. Auf dem Bild kann man erkennen, wie klein die Teile sind. Wenn hier etwas verloren geht, hat man unter Umständen ein Problem. Auch gibt es gefühlt 1000 Drähte, die man schnell mal abreißt. Ohne Lupe geht hier gar nichts mehr.
Im Nachhinein ist aber alles gut gegangen. Wenn man weiß, wo man hingreifen muss und wie man alles zerlegt und wieder richtig zusammenbaut, ist die Reparatur ganz gut zu schaffen.
Peter vom Repair-Cafe in Hanau hat einen sehr detaillierten Bericht über seine Reparatur geschrieben. Unbedingt lesenswert!
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