Umbau eines ATX Netzteil zum Festspannungsnetzteil (zweiter Versuch)

ATX-Netzteil - Festspannungsnetzteil: fertig

Nachdem ich meinen ersten Versuch umgesetzt hatte, kam der Wunsch auf die 12V Spannung in die Regelung mit einzubeziehen. Hierfür kam wieder ein altes 200W ATX Netzteil zum Einsatz.

Das Netzteil arbeitet mit 230V Wechselstrom. Wegen der Gleichrichtung liegen an einigen Bauteilen Gleichspannungen von mehr als 300V an. Dies ist lebensgefährlich! Arbeiten am Netzteil dürfen nur im spannungslosen Zustand durchgeführt werden. Einige Kondensatoren speichern die Spannung noch eine beachtliche Zeit, auch wenn keine Netzspannung mehr anliegt.

Bestandsaufnahme und Planung

Dieses liefert 8A (kurzzeitig 11A) bei 12V. Es besitzt eine Lüftersteuerung.

Folgende Bauteile habe ich noch gekauft:

  • 1 LED rot 3mm 5V
  • 1 Hochlastwiderstand 47Ohm 50W
  • 2 Einbaubuchsen (Polklemme) rot
  • 2 Einbaubuchsen (Polklemme) schwarz
  • 1 Einbau Druckschalter
  • 2 Quetschösen
  • 1 Steckverbinder 3-polig
  • 1 Widerstand, 1 Spindelpoti für den Spannungsteiler (Berechnung siehe unten)

Umbau ATX Netzteil

Als erstes habe ich es aufgeschraubt und alle überflüssigen Leitungen abgeschnitten. Übrig bleiben sollten:

  • PS-ON (power supply on): Wenn dieser Anschluss mit Masse verbunden wird, schaltet das sich das ATX Netzteil ein.
  • PO (power OK): Dieser Anschluss hat einen Pegel von 5V, wenn die Ausgangsspannungen im grünen Bereich sind.
  • GND (ground): Massepotential

Jetzt werden alle überflüssigen Leitungen ausgelötet. Hierfür ist ein leistungsstarker Lötkolben notwendig. Um besser an die Platine heranzukommen, sollte sie aus dem Gehäuse komplett ausgebaut werden.

Wenn man sich die 5V Lötinsel genau anschaut wird man feststellen, dass ein Ende mit der Ausgangsspule und das andere mit der Regelung verbunden ist. Diese Verbindung habe ich mit einem scharfen Messer aufgetrennt. Das „offene“ Ende der Regelung wird mit einem Spannungsteiler an die 12V Lötinsel angeschlossen.

Da ich hier keine Experimente mit unterschiedlichen Widerständen machen wollte, habe ich die Widerstandswerte berechnet. Als erstes habe ich dem Laststrom gemessen. Dies ist der Strom, der von der Ausgangsspule zur Regelung fließt (hier 13,6mA).

Nach kurzem Rechenweg folgt: R1=470Ohm, R2=3,9kOhm.

R2 wurde als Poti ausgeführt, damit man die Spannung einstellen kann. Dies war aber eigentlich nicht notwendig, da die berechneten Widerstandswerte gepasst haben.

Die anfangs ausgelöteten Leitungen des 12V-Zweiges werden jetzt wieder eingelötet. Ich verwende jeweils drei Stück für Plus (violett) und Minus (schwarz). Außerdem werden noch zwei Leitungen für den Lastwiderstand benötigt. Da hier jetzt der 12V-Zweig geregelt wird, wird der Lastwiderstand auch dort angeschlossen.

Der Schalter und die LED müssen mit der Platine verbunden werden. Ich habe mich wegen der besseren Wartbarkeit für eine Steckverbindung entschieden. Diese wurde auf einem freien Platz auf der Platine verbaut. Es werden drei Leitungen benötigt:

  • Power-LED: PO, GND
  • Schalter: PS-ON, GND

Die Platine, und der Lastwiderstand kann jetzt in die eine Hälfte des Gehäuses eingebaut werden. Ich habe noch ein Loch hineingebohrt, durch das ich das Poti erreichen und eventuell die Spannung nachregeln kann.

In die andere Hälfte des Gehäuses müssen die Löcher für den Schalter, die LED und die Polklemmen gebohrt werden.

Schalter, LED und Polklemmen werden eingebaut.

Die Anschlussleitungen für die Polklemmen werden auf die entsprechende Länge gekürzt und mit Ösen versehen. Der Lastwiderstand wird an die vorgesehenen Leitungen angelötet.

Der Schalter und die LED werden an die Leitungen des Steckverbinders gelötet.

Alle Leitungen werden auf die Platine gesteckt (Lüfter, Schalter, LED). Dann das Gehäuse vorsichtig zuschieben, die Polklemmen mit den entsprechenden Leitungen verbinden, zusammenschrauben und fertig.

Was noch fehlt sind ein paar Gummifüße an die Unterseite und ein Lüftergitter.

Fazit ATX Netzteil

Es ist mit geringen finanziellem und handwerklichem Aufwand möglich ein relativ leistungsstarkes Festspannungsnetzteil zu bauen. Dadurch, dass die Regelung jetzt auf den 12V-Zweig umgebaut ist, bricht die Spannung auch nicht mehr so ein, wie beim ersten Versuch. Der Nachteil dieser Lösung ist, dass der Ausgang nicht potentialfrei ist. Das bedeutet: die Masse ist mit dem Schutzleiter (Erde) verbunden. Dieses Netzteil könnte theoretisch 16A auf dem 12V Zweig liefern. Dafür sind allerdings der Gleichrichter und die Speicherdrossel zu klein ausgelegt.

Verbesserungen

Es der Wunsch auf aus dem Netzteil die maximale Leistung heraus zu kitzeln. Da es sich hier um ein 200W ATX Netzteil handelt, sollten rechnerisch 16A möglich sein. Ich habe leider keinen Schaltplan für das verwendete Netzteil, deshalb musste der Umbau per Trial and Terror vonstatten gehen.

Der 12V Zweig konnte nur mit 8A belastet werden. Dies liegt daran, daß der Gleichrichter und die Speicherdrossel nur für diesen Strom ausgelegt sind. Ziel des Umbaus ist den 3,3V und den 5V Zweig zu entfernen und den 12V Zweig soweit zu verstärken, dass er 16A liefern könnte.

Als erstes habe ich den alten Gleichrichter des 12V Zweiges entfernt. Dieser wurde durch den des 5V Zweiges ersetzt. Dazu habe ich einige Leiterbahnen aufgetrennt und anders verbunden.

Die Siebdrossel wurde ausgelötet. Man sollte sich die Anschlussbelegung aufschreiben (auch die Startpunkt der Windungen). Als nächstes werden die alten Wicklungen entfernt. Die Anzahl auch aufschreiben, wichtig ist hier die 12V Wicklung. Wenn alles abgewickelt ist, kann die Drossel neu gewickelt werden. Benötigt wird hier nur die 12V Wicklung. Ich habe sie mit 1mm Kupferlackdraht in doppelter Ausführung (parallel) ausgeführt. Es werden genau so viele Windungen aufgewickelt, wie vorher abgewickelt wurden (bei mir 28). Auf dem Bild ist noch eine zweite Wicklung zu sehen. Diese ist für die Lüftersteuerung da. Da ich hier keine Änderung machen wollte habe ich diese Wicklung auch weiter verwendet.

Der alte 12V Gleichrichter und der 3,3V Gleichrichter und alle Teile des 3,3V und des 5V Zweiges sind ausgelötet.

Der 3,3V Zweig wird überwacht. Das bedeutet, wenn diese Spannung fehlt, schaltet das Netzteil ab. Dazu habe ich die Überwachung über einen Widerstand mit dem 5V Standby Zweig verbunden. Jetzt springt das Netzteil wieder an.

Zusammenfassung

Es ist mit geringen finanziellem und handwerklichem Aufwand möglich ein relativ leistungsstarkes Festspannungsnetzteil zu bauen. Dieses Netzteil kann theoretisch 16A auf dem 12V Zweig liefern. Das Problem war jetzt, wie belaste ich das Netzteil? Meine erste Idee waren Glühlampen aus dem KFZ Zubehör. Leider sind Glühlampen Kaltleiter, das heißt sie haben einen wesentlich größeren Einschalt- als Betriebsstrom. Damit kann ich das Netzteil nicht an seine Grenzen fahren. Ein Aufbau mit Hochlastwiderständen kommt auch nicht in Frage, da zu teuer.

Dann kam mir die Idee eine normale Mantelleitung „NYM-J 4×1,5mm²“ zu verwenden. Davon hatte ich noch 25m im Keller liegen. Der Widerstand einer einzelnen Ader beträgt ca. 0,3Ohm (R=rho*l/A mit rho=0,0178Ohm*m/mm²). Damit lassen sich bei Reihenschaltung Ströme von 10A, 13,3A, 20A und 40A erzielen. Durch parallel Schalten sind auch noch andere Werte möglich. Das umgebaute Netzteil lieferte ohne Probleme Ströme von 10A, 13,3A, 20A und 25A! Das ist mehr als ich mir erhofft habe. Die Ausgangsleistung beträgt dann 300W. Das sind 50% mehr als das Typenschild verspricht. Diese Leistung würde ich aber nicht über eine längere Zeit entnehmen. Bei einer Belastung von 40A schaltete es ab. Der Spannungseinbruch bei 20A beträgt 0,2V an den Klemmen.

Während des Betriebs habe ich festgestellt dass die zweite Siebdrossel sehr warm geworden ist. Diese wurde durch ein Exemplar mit dickeren Windungen ersetzt. Außerdem schaltete das Netzteil ab wen Verbraucher angeschlossen waren, die hohe Stromspitzen verursachen. Dem habe ich durch größere Kondensatoren entgegengewirkt. Jetzt sind im ersten LC-Glied 3300µF und im zweiten LC-Glied 8600µF verbaut (ursprünglich 2200+1000µF). Hierzu verwendete ich Low ESR-Typen. Diese sind nicht einfach zu beschaffen, aber Conrad hatte sie dann schließlich.

Am Wochenende habe ich endlich einen Dauerbelastungstest durchgeführt. Dafür habe ich wie oben beschrieben eine Mantelleitung als Last verwendet. Dem ATX Netzteil wurden 15A bei 12,5V Ausgangsspannung (entspricht ca. 190W) entnommen. Der Versuch wurde nach 45 Minuten abgebrochen. Dabei hat sich die Mantelleitung stark erwärmt (ca. 50°C). Die Abluft des Netzteils hat sich nicht spürbar erwärmt. Dies spricht für einen hohen Wirkungsgrad des Netzteils.

Es bleibt noch zu sagen, dass ich mit dem Umbau mehr als zufrieden bin.

Kommentare

2 Antworten zu „Umbau eines ATX Netzteil zum Festspannungsnetzteil (zweiter Versuch)“

  1. Avatar
    Eduard

    Hallo Norman,
    Glückwunsch zu der gelungenen Internetseite! ich schaue hin und wieder vorbei, ob es etwas Neues & Spannendes gibt. Ich habe ebenfalls zwei ATX Netzteile laut deiner Anleitung umgebaut. Eines davon läuft jetzt als Spannungsversorgung für mein Graupner Ultramat Lipo Ladegerät und lädt E-Bike Akkus. Vielen Dank für die Inspiration & weiter so.

    Viele Grüße
    Eduard

    1. Norman

      Hi Eduard,

      vielen Dank für Deinen netten Kommentar. Ich habe mein Netzteil auch zeitweise zum Laden der Akkus meiner RC-Autos verwendet. Dafür ist es optimal geeignet.
      Ich werde definitiv weiter machen.

      Grüße Norman

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